MY OBSESSION with hats

INTERVIEW mit Raha Bamdadi
TEXT: Julia Cretu
FOTOS: Harsh Ranawat

In jeder Ausgabe präsentieren wir eine:n Instagrammer:in aus Ulm & Umgebung und lassen Bilder für sich sprechen. In dieser Ausgabe: @byraha. Der Fokus unseres Gesprächs liegt auf ihrer Geschichte und auf der Hut-Fotoserie, die mit dem Fotografen Harsh Ranawat entstanden ist.
Das Interview wurde auf Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt. (Anm. d. Red.)

Ich treffe Raha Bamdadi zu unserem Gespräch auf einen Kaffee. Über eine Stunde unterhalten wir uns und ich merke während des Gesprächs, dass ich das ganze Magazin mit ihren Geschichten füllen könnte. Raha, 1988 geboren in Teheran, Iran, immigrierte im Alter von 15 Jahren mit ihrer Familie nach Houston, Texas. Mit 21 zog sie allein nach San Francisco, wo sie ihren Mann Yusuf Onder kennenlernte. Wegen seiner Arbeit als Architekt zogen die beiden nach Los Angeles, später nach New York und im Oktober 2019 nach Ulm.
„Ulm war nicht unsere erste Wahl!“, erzählt Raha lachend. „Yusuf kommt ursprünglich aus Norddeutschland. Im August 2019 reisten wir nach Deutschland, um herauszufinden wo wir wohnen wollten.“ Das erste Reiseziel war Hamburg. Sie erinnert sich: „Die vier Tage, die wir dort waren, regnete es, es war kalt, es war neblig, meine Mutter hatte einen Unfall, wir mussten neun Stunden auf eine Behandlung warten, … Wir haben in Hamburg die schlechtesten Erfahrungen gemacht, die man machen kann.“ Danach fuhren sie von Stadt zu Stadt Richtung Süden. Der letzte Halt: Ulm. Hier wohnt ein Freund von Yusuf, mit dem er zusammen studiert hatte und der heute sein Arbeitskollege ist. „Wir kamen hier an und es waren magische vier Tage. Das Hotel war wunderschön, die Sonne schien die gesamte Zeit über, die wir hier waren, die Stadt war voller Touristen. Ulm hat uns für sich gewonnen.“, schwärmt die gebürtige Iranerin. „Also dachten wir: lass uns hierherziehen!“ Nach New York, San Francisco und LA wurde es dann also ausgerechnet Ulm.„So klein Ulm auch ist, im Vergleich zu den Städten, in denen wir davor gewohnt haben: Ich liebe es hier. Es ist genau das, was wir in unserer jetzigen Lebensphase brauchen. Ulm ist charmant, wunderschön und – überraschenderweise – voller internationaler Menschen“, erzählt mir Raha.

Ich möchte wissen, wie die Fotos zur Hut-Serie entstanden sind. Raha hatte den Fotografen Harsh Ranawat bei einem Treffen der Internationalen Gruppe Ulm kennengelernt. Sie verabredeten sich, um Yoga-Fotos für Raha zu machen. „Wir haben direkt einen Draht zueinander gehabt. Er nahm sich die Zeit, um mir wirklich zuzuhören, mich kennenzulernen und Fotos von mir zu machen, die mich zeigten, wie ich bin.“ Die Beiden entwickelten danach zusammen die Hut-Idee. „Es war eigentlich seine Idee. Er sagte: ‚Lass uns ein Shooting machen, ich habe da eine Idee mit Hüten!‘

Ich Trug an dem Abend einen Hut und bin dafür bekannt, immer Hüte zu tragen“, erinnert sie sich. Das Konzept und die Texte, die Raha dazu geschrieben hat, entstanden während des Shootings, erzählt Raha weiter: „Während der Aufnahme des Fotos, auf dem ich alle Hüte übereinander trage, sagte Harsh zu mir: ‚Stell dir vor all die Hüte sind all die Persönlichkeiten, die du dein Leben lang getragen hast. Versuche, das Gewicht all dieser Persönlichkeiten zu fühlen.‘ Das war sehr emotional für mich. Ich fühlte tatsächlich das Gewicht all dieser Dinge, dieser Hüte, die ich mein Leben lang tragen musste. Als Frau, als Ehefrau, als Mädchen, als Tochter, als Ausländerin, als Amerikanerin, als Perserin, als Immigrantin, die es allen recht machen muss. Jeder einzelne Hut bekam eine eigene Bedeutung.“
All das fühlte Raha im Moment der Aufnahme. Und diese Last, diese Emotionen sieht man, wenn man das Bild betrachtet. Auf Instagram postet die Instagrammerin die Bilder und schreibt Texte dazu, in diesen beschreibt sie die Rollen und Persönlichkeiten, die sie ihr Leben lang „getragen“ hat.


INSTA-TALK

Seit wann bist du auf Instagram?
Ich bin schon sehr lange auf Instagram – bevor es überhaupt cool war. Seit 2012.

Wieso nutzt du Instagram?
Soziale Medien bedeuten mir sehr viel. Ich habe das Gefühl, dass sie einen schlechten Ruf haben. Ich höre immer wieder: „Soziale Medien sind schlecht, soziale Medien ruinieren die jungen Menschen.” Es sind nicht die Sozialen Medien, es sind die Menschen, die sie nutzen, die Schlechtes tun.
Ich denke, wenn du dich online so verhältst, wie du behandelt werden willst, kann es unglaublich schön sein. Ich habe so viele großartige Freunde auf den Sozialen Medien kennengelernt, ich habe so viele coole Dinge gelernt. Ich bin eine sehr visuelle Person und ich liebe an Instagram, dass du mit einem Foto eine Geschichte erzählen kannst.

Wie oft bist du online?
Mindestens zwei Stunden am Tag. Ich bin aber auch beruflich viel auf Instagram.

Was sind deine Lieblingsaccounts?
@nowness @thetehrantimes @kitkat_ch

Harsh Ranawat, 23, Ph.D. am Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg.
Gebürtig aus Mumbai, lebt in Heidelberg. Seit zwei Jahren ist er, neben seinem Hauptberuf, als Fotograf tätig.

www.harsh-ranawat.carrd.co